Kompetenzzentrum Baukultur
PARTIZIPATIVE ORTSENTWICKLUNG
Bei diesem Projekt ging es um zweierlei: um die Stärkung von Gemeinden als Entscheidungsinstanz bei Bauvorhaben mit Hilfe von Gestaltungsbeiräten – meist ArchitektInnen, die die Gemeindevorstände in ihren Entscheidungen unterstützen. Und um das Problem des Funktionsverlustes der Ortzentren in beinahe allen Märkten und Städten der Oststeiermark. Die Projekt-Partizipation lag in der aktiven Teilnahme der Bevölkerung, die den wesentlichsten Beitrag im Ideenfindungsprozess lieferte.
Hintergründe: Verloren gegangenes Gefühl für Proportion und Farbe
Am Land gibt es zwar mehr Natur- und Kulturlandschaft, aber das bedeutet nicht unbedingt, dass die Menschen hier besonders darauf achten, dass alles landschaftlich, architektonisch und ästhetisch vertretbar ist. In den 1960er und 70er Jahren wurden gerne idyllische Bilder des Hofes am Waldesrand von anno dazumal auf die Wände der neuen Häuser gepinselt, die just an die Stelle des alten Hofes gestellt worden waren. Heute werden Häuser in Farben gestrichen, die man eher von der Farbpalette für Autolackierungen kennt oder Hänge aufgeschüttet und mit Steinterrassen bezwungen, um ihnen künstliche Ebenen abzuringen. Vieles am Land sieht eher nach gebauter Karikatur aus, da offenbar ein Gefühl für Proportionen und Farben verloren gegangen scheint. In den Städten und Märkten schwindet im Kern das Leben, nur damit der schon berühmte Speckgürtel mit allen Formen von Drive-in’s wachsen kann. Aber ein Retro-Blick wäre auch falsch.
Absichten:
Wir treffen uns und geben dem Hauptplatz neue Funktionen
Um keine Karikaturen mehr zu bauen und keinen kitschigen Retroblick zu unterstützen, wurde in Pischelsdorf versuchsweise ein Gestaltungsbeirat eingeführt. Dieser hatte vor allem eine beratende Funktion, die BauwerberInnen brauchten sich also nicht wie vor einer Jury fürchten. Und dann war da noch ein weiteres Problem: am Land macht sich die Peripherie breit und das Ortszentrum stirbt aus. Was kann man dagegen tun? Im oststeirischen Markt Pischelsdorf wurde die Bevölkerung intensiv eingebunden – konkreter als die Leute zunächst erwartet hatten. Denn sie wurden gefragt, was sie mit ihrem geliebten Hauptplatz machen wollten. Welche Funktion würden sie dem Platz in den nächsten zwanzig Jahren geben?
Was daraus wurde: Ein Wohnzimmer zum Einkaufen
Das war der ursprüngliche Ausgangspunkt: mit den BewohnerInnen des ländlichen Raums erörtern, welche gesellschaftlichen und raumplanerischen Änderungen passieren werden. Doch Mitgestalten ist viel besser, deshalb wurden im Mai 2014 die BewohnerInnen von Pischelsdorf dazu angehalten, das Ortszentrum mit ihren Ideen zu bereichern. Davor wurde von der „Vor-Ort-Ideenwerkstatt“ viel Analysearbeit betrieben, die Ideen der Leute gesammelt und in Wunschpakete verpackt. Der nachhaltige Umgang mit Energieressourcen stand dabei genauso im Mittelpunkt wie das Leitbild für eine zukünftige Baukultur und Ortsgestaltung, die sich mehr an den Wünschen der Leute und weniger an den Trends einer rein ökonomisch orientierten Shopping-City-Kultur orientiert. Die überraschendsten und kniffligsten Ideen, die von einem Hauptplatz als Wohnzimmer bis zu einer Öffnung des alten Platzes in Richtung Ortseinfahrt reichten, wurden öffentlich präsentiert und besprochen.
FAKTENCHECK: |