100 Jahre Werkbund. Von der guten Form zum guten Leben.
ANDRITZKY, Michael (Hrsg.)
Frankfurt: Anabas, 2008.
Als der Werkbund 1907 von einer Handvoll origineller Knöpfe gegründet wurde, suchte man in einer Verbindung von Kunst und Industrie nach neuen Formen für Bau, Raum und Gerät, die der gewandelten Zeit und dem Lebensgefühl der Menschen gerecht werden sollten. Die ganze Alltags- und Industriekultur, ja das Leben selbst "vom Sofakissen bis zum Städtebau", geriet auf den Prüfstand. Industrieform und Sachlichkeit lösten die Plüschwelt der wilhelminischen Kultur ab. Funktionalität und Typisierung, "Weniger ist mehr", waren die zum Teil bis heute wirksamen ästhetischen Maximen der Moderne, die sich im Bauhaus ebenso wieder finden wie in den Zielen der hfg ulm.
Die "gute Form" wurde allerdings schon in den späten 60er Jahren angesichts der früh erkannten Umweltproblematik in Frage gestellt. Denn was soll ein gutes Trinkgefäß, wenn es mit verschmutztem Wasser gefüllt ist, wenn durch die Zersiedelung der Landschaft Wasser und Boden denatuiert werden, die Grundlagen des Lebens selbst in Gefahr geraten.
Der Werkbund als Seismograph des kulturellen Wandels im Bereich der dinglichen Kultur spiegelt damals wie heute die Umbrüche und Aufbrüche exemplarisch wieder.